Kostenübernahme der HIV-Behandlung
Frage von Frau S. B. : Ich bin kürzlich in die Schweiz eingewandert und habe eine Krankenkasse abgeschlossen. Nun hatte ich meinen ersten Termin bei meiner HIV-Ärztin und erhielt eine Rechnung für die Untersuchung. Ich weiss, dass die Grundversicherung die HIV-Behandlungskosten übernimmt. Weshalb erhalte ich die Rechnung?

Alicia Miyoshi MLaw antwortet:
Es stimmt, dass die Kosten für eine HIV-Behandlung von der obliga-torischen Krankenpflegever-sicherung gedeckt sind. Das Schweizer Krankenversicherungssystem kennt allerdings zwei unterschiedliche Vergütungssysteme: das System des Tiers payant und das System des Tiers garant. Während bei ersterem die Leistungserbringer und Krankenkassen die angefallenen Gesundheits-kosten direkt abrechnen, sind beim System des Tiers garant diese Leistungen zunächst durch die versicherte Person zu begleichen. Die versicherte Person leitet danach die Rechnung an die Krankenkasse weiter, welche die Rechnung prüft und der versicherten Person nach Abzug der Kostenbeteiligung die Kosten rückvergütet. Gesetzlich gilt das Prinzip des Tiers garant, sofern Versicherte und Leistungserbringer nichts anderes vereinbart haben – und Ihrer Schilderung nach agiert Ihre Krankenkasse innerhalb dieses Prinzips. Der Vorteil dieses Systems liegt darin, dass die versicherten Personen einen Überblick über ihre Gesundheitskosten erhalten und so ihr Verantwortungs- und Kostenbewusstsein gestärkt werden soll. Ausserdem können die in Rechnung gestellten Leistungen auf ihre inhaltliche Richtigkeit überprüft werden. Die Zahlungsfrist des Leistungserbringers und die Rückerstattungsfrist des Versicherers sind massgebend für die Frage, ob Sie die Kosten bereits vor der Rückerstattung der Krankenkasse beglichen haben müssen.
Bei hohen und regelmässig anfallenden Gesundheitskosten, wie etwa im Rahmen einer HIV-Behandlung, kann es jedoch schwierig sein, diese Kosten vorzuschiessen. Deshalb ist das System des Tiers payant vorzuziehen. Die Kontrollmöglichkeit der ausgestellten Rechnung ist auch hier gewährleistet, denn das Gesetz sieht in diesem Fall vor, dass die versicherte Person eine Rechnungskopie erhält.
In Ihrem Fall drängt sich die Frage eines Krankenkassenwechsels auf. Jeweils auf Ende Jahr ist ein solcher möglich. Jeden Oktober werden die vom Bundesamt für Gesundheit genehmigten Prämien der verschiedenen Krankenkassen für das kommende Jahr publiziert und die Kosten können verglichen werden. Eine allfällige Kündigung muss bei Ihrer Krankenkasse bis zum 30. November erfolgen. Wie gesagt, ist es in Ihrem Fall sinnvoll, eine Krankenkasse zu wählen, die nach dem System des Tiers payant abrechnet. Des Weiteren empfiehlt es sich aufgrund der Kosten der antiretroviralen Therapie, die tiefste Franchise zu wählen. Sie können bei Abschluss einer neuen Krankenversicherung auch ein alternatives Versicherungsmodell (Hausarzt-, Telmed- oder HMO-Modell) wählen und bei gleichen Leistungen Kosten sparen, indem die freie Arztwahl eingeschränkt und eine erste Anlaufstelle bei medizinischen Fragen festgelegt wird.