Es braucht ein ganzes Dorf: Community-Arbeit in der Prärie
Gastbeitrag von Dr. Dirk Sander, Fachreferent Prävention bei Schwulen und anderen MSM, Deutsche Aidshilfe

Kanada hat eine lange Tradition in „Gemeinde-basierter-Forschung“ (Community-based-research). Bei dieser Methode werden „Communities“ nicht von Wissenschaftlerinnen erforscht; vielmehr werden Communities aufgesucht, und interessierte Mitglieder in bestimmten Forschungsmethoden (z.B. Interviewtechniken) geschult, um dann in ihren eigenen Communities selbst forschend tätig zu werden. Es geht dabei nicht um „Verhaltensweisen“ wie sonst in vielen Forschungsprojekten. Durch diese Gemeinde-bezogenen Herangehensweise kann es eher gelingen, soziale Praxen, Rituale und Strukturen abzubilden, die sonst vielleicht „verdeckt“ geblieben werden. Anhand der Erkenntnisse, kann dann in der Forschungsgruppe überlegt werden, wie z.B. strukturelle Barrieren, soziale Normen, Rituale und Ungleichheiten die Gesundheit beeinflussen, und wie diese auf dem Weg zu mehr gesundheitlichem Wohlbefinden verändert werden können.
Dr. Rusty Souleymanov von der Fakultät für Sozialarbeit an der Universität von Manitoba in Winnipeg berichtete auf der Aidskonferenz von einem Projekt, welches ihn „500 Meilen weit in die Prärien“ geführt hätte. Hier habe er mit einer Gemeinde von indigenen Menschen über längere Zeit zusammen geforscht.
Er wolle sich aber nicht lange bei seinem Vortrag aufhalten, so Souleymanov, vielmehr bat er einen Vertreter der Gemeinschaft ans Podium, der selbst über das Projekt berichten sollte. Es stellte sich heraus, dass in der ersten Reihe des Konferenzraums mehrere Bewohner der Prärie-Gemeinde saßen, die nun selber über ihre fruchtbare Zusammenarbeit mit dem Wissenschaftler sprachen. Sie hatten Dr. Souleymanov quasi in ihre Gemeinde aufgenommen und stehen auch weiterhin in regelmäßigen Kontakt. So ein Forschungsprozess sollte als „Gold-Standard“ gelten und auch in Deutschland mehr umgesetzt werden.
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